Der Osnabrücker Hafen

Blick auf den östlichen Teil des Osnabrücker Hafens. Im Hintergrund erheben sich die mächtigen Schornsteile der Papierfabrik Kämmerer GmbH. Foto: M. Beermann (16.08.2023)


Logistikdrehscheibe seit über 100 Jahren

Anders als der weithin sichtbare Rangierbahnhof im Fledder entzieht sich der Osnabrücker Hafen mit seinen umfangreichen Gleisanlagen den Blicken der Bahnreisenden. Hier im Bereich des Hafens haben sich auf einer Fläche von gut 100 Hektar in den letzten gut 100 Jahren zahlreiche Industrie- und Logistikfirmen angesiedelt und den gleichnamigen Stadtteil zu einer wichtigen Drehscheibe für den Güterumschlag gemacht. Verkehrlich ist der Hafen trimodal, also per Schiff, über die Straße und über die Schiene erreichbar und sowohl für die Stadt als auch für die gesamte Region Osnabrück ein zentraler Wirtschaftsfaktor.

Blick von der Römereschstraße in Richtung Osten (zur Stadt hin) – ganz rechts befindet sich die GMH-Recycling GmbH. Ein Binnenschiff löscht gerade seine Ladung, während schon “E-Wagen” für die Aufnahme von Schrott bereitstehen. In der Bildmitte sind die Anlagen der Q1 Energy AG zu sehen und auf der linken Bildseite im Hintergrund ist die Werkstatt der NordWestBahn GmbH zu erkennen. Foto: M. Beermann (16.08.2023)

Westlich der Stadt Bramsche zweigt der sog. Stichkanal vom Mittellandkanal ab und führt direkt nach Osnabrück. Zwei Schleusen dienen dem Ausgleich der Höhenunterschiede. Binnenschiffe von bis zu 82 Metern Länge, 9,50 Metern Breite und einem Tiefgang von maximal 2,20 Metern können entlang der rund 3,6 Kilometer Kaianlagen ihre Ladung löschen bzw. Ladung aufnehmen. Ein eigener Ölhafen dient dem Umschlag von Mineralölprodukten. Weiterhin stehen hier rund 10.000m² Freilagerfläche zur Verfügung. Im Jahr 2021 betrug der Gesamtumschlag im Hafen mehr als 1,1 Mio. Tonnen Güter, von denen rund 340.000 Tonnen auf den Wasserumschlag und 825.000 Tonnen auf den Bahnumschlag entfielen.[1] Schrott, Schiffsgüter, Mineralöl, Zellstoff und Stabstahl sind die Hauptumschlaggüter. Ergänzend hierzu gewinnt auch der Containerumschlag erheblich an Bedeutung.

Von der Römereschstraße in Richtung Westen geblickt – auf der linken Seite ist die Zellstoffverladung der Papierfabrik Kämmerer GmbH zu sehen. Auf der rechten Seite befindet sich ein Natursteinhandel und dahinter schließen sich die Terminalanlagen der Spedition Nosta an. Im Hintergrund sind die Portalkrane des Container Terminal Osnabrück (CTOS) zu erkennen. Markant sind ganz dahinter die Winkraftgeneratoren auf dem Piesberg. Foto: M Beermann (16.08.2023)

Seit 2021 steht am Hafen zudem ein hochmodernes Containerterminal mit einer Kapazität von 150.000 Ladeeinheiten pro Jahr zur Verfügung. Betreiber ist die Container Terminal Osnabrück GmbH (CTOS), an der neben den führenden Osnabrücker Speditionen auch die Stadtwerke Osnabrück beteiligt sind.[2] Die Eisenbahn ist mithin für den reibungslosen Gütertransport das wichtigste Verkehrsmittel.

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Die Stadtwerke Osnabrück AG – Infrastrukturbetreiber der Hafenbahn

Das Rückgrat für den Frachtverkehr im Hafenbereich bildet das rund 24 Kilometer umfassende Gleisnetz das von den Stadtwerken Osnabrück AG (SWO) betrieben wird. Die SWO sind für Bau, Wartung, Instandhaltung und die Betriebsführung auf den Gleisen der Hafenbahn verantwortlich. die Eisenbahn- und Hafenbetriebsgesellschaft Region Osnabrück mbH (EHB) verantwortlich ist.

Die Gleisanlagen der Hafenbahn sind über zwei Infrastrukturanschlüsse an das Schienennetz der DB Netz AG angeschlossen, so dass eine Durchfahrung des Hafenbereichs möglich ist. Der Hauptanschluss zum Hafen führt von der unteren Ebene des Hauptbahnhofs Osnabrück über ein eigens Gleis parallel zur Strecke Löhne – Rheine (VzG 2992) und vorbei am Haltepunkt Os-Altstadt zum Hafen. Im Bereich der Wachsbleiche beginnen sich die Gleisgruppen zu verzweigen.

Der zweite Infrastrukturanschluss der Hafenbahn befindet sich im Bahnhof Osnabrück-Eversburg und führt über den Zechenbahnhof vorbei am Container Terminal zum Hafen. Erst im Jahr 2011 wurden die Gleisanlagen des Hafens mit denen des Zechenbahnhofs verbunden.[3] Auf diese Weise besteht auch im Störungsfall eine zusätzliche betriebliche Flexibilität.

Schematische Darstellung der Gleisanlagen am Hafen Osnabrück. Quelle: Betriebsstellenbuch – Hafen Osnabrück (der Stadtwerke Osnabrück AG) – Stand 12.11.2021 (ohne Gewähr auf inhaltliche Richtigkeit)

Der Rangierbetrieb im Hafenbereich wird rund um die Uhr von einem Weichenwärter überwacht und gesteuert. Die am stärksten frequentierten Gleisgruppen sind mit elektrischen ortsgestellten Weichen (EOW) ausgestattet, die der Weichenwärter von einem elektronischen Stellwerk aus steuert. Eine Ortsbedienung dieser EOWs ist im Störungsfall ebenfalls möglich. Die sind ferne mit Gleisfreimeldeanlagen ausgestattet.[4]

Die Gleisanlagen der Hafenbahn werden den verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt, die Kapazitätszuweisung richtet sich dabei nach dem geltenden Eisenbahnrecht.[5]

Die Anlagen der Hafenbahn sind in sechs Gleisgruppen gegliedert, von denen aus weitere Nebenschließer mit der Eisenbahn verbunden sind:

  • 100er Gleisgruppe

Zweigt direkt in Höhe der Wachsbleiche in Richtung Süden ab. Angeschlossen ist hier zunächst die Lokhalle der EHB und weiteren Verlauf folgt der Gleisanschluss der Firmen Mineralölhandel Q1 Energy sowie der GMH Recycling. Bis zum Jahr 2015 waren auch die Firmen Kämmerer und Kawell über diese Gleisgruppe zu erreichen (mittlerweile wurde der Gleisanschluss dieser Firmen zurückgebaut).  

  • 200er Gleisgruppe

Verzweigt sich hinter dem Bahnübergang Rheinstraße. Die Gleise dieser Gruppe verlaufen beiderseits des Hafeneckens. Direkt an der Kopfseite des Hafenbeckens befinden sich die Werkstattanlagen der NordWestBahn GmbH. Weitere Anschließer sind Arcelor Mittal und die GMH Recycling. In dieser Gleisgruppe stehen große Kräne für die Schrottverladung auf die Eisenbahnwagen bereit.

  • 300er Gleisgruppe

Neben Gleisen der EHB, die zur Abstellung für Lokomotiven und Triebwagen der NordWestBahn genutzt werden, befindet sich hier die Gleisgruppe in der Wagenübergaben vom und zum Rangierbahnhof Osnabrück.

  • 400er Gleisgruppe

Hier befindet sich das Container Terminal Osnabrück (CTOS) mit vier 730 bzw. 735 Meter langen und von zwei Portalkranen überspannten Gleisen sowie zwei zusätzlichen 380 Meter langen Stumpfgleisen für den Containerumschlag.

  • 500er Gleisgruppe

Diese Gruppe umfasst insgesamt drei voneinander getrennte Bereiche. Unmittelbar südlich des CTOS befindet sich das Terminal der Spedition Nosta, welches ebenfalls über eine Containerumschlaganlage verfügt. Über das Gelände der Firma Nosta erreicht man dann den Gleisanschluss der Firma Bergschneider/Cemex.

Dem Durchfahrgleis in Richtung Westen folgend hat das FIP Tanklager einen Gleisanschluss und westlich der Elbstraße folgen noch zwei weitere zu dieser Gleisgruppe gehörende Stumpfgleise.

  • 600er Gleisgruppe

Sie wird auch als Zechenbahnhof bezeichnet, der früheren Verwendung entsprechend. Hier befindet sich das Quartier der Osnabrücker Dampflokfreunde mit zwei Gleisanschlüssen. Darüber hinaus unterhält die Firma GP Günter Papenburg AG eine Verladestation für Schrott.

Nachdem das Durchfahrgleis die Stichkanal in Richtung Bahnhof Eversburg gequert hat, erreicht man das Anschlussgleis der Spedition Hellmann AG. Ebenfalls über diesen Anschluss erfolgt die Bedienung der Firma Rawi.

Etwa einen Kilometer südlich vom Anschluss Hellmann befindet sich die Anschlussgrenze der Hafenbahn im Bahnhof Osnabrück-Eversburg.

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Die Eisenbahn- und Hafengesellschaft mbH – Eisenbahnverkehrsunternehmen

Das Verwaltungsgebäude der Eisenbahn- und Hafengesellschaft Region Osnabrück mbH (EHB) an der Hafenstraße in Osnabrück ist leicht auszumachen. Eine kleine, rot lackierte Rangierlok (HABA 5), die seit September 2020 als Denkmallok hier aufgestellt ist, markiert des Sitz des Unternehmens. Im Jahr 2011 als 100-prozentige Tochter der Stadtwerke Osnabrück AG gegründet obliegt ihr einerseits die Entwicklung des Hafens selbst und andererseits die Durchführung von Zug- und Rangierfahrten für die Stadtwerke. Hierzu zählt nicht nur das klassische Rangiergeschäft auf den Gleisen rund um den Osnabrücker Hafen, sondern auch die Zustellung der Wagen ab dem Rangierbahnhof Osnabrück.  Für diesen schweren Verschub stehen zwei ehemalige Rangierloks der Baureihe V90 zur Verfügung, die von der DB AG übernommen wurden (HABA 9 und HABA 10). Im untergeordneten Rangierdienst ist aktuell noch die HABA 7 (die ehemalige „Postlok“ der Baureihe 361) im Einsatz. Da diese Maschine den aktuellen Anforderungen nicht mehr gewachsen ist, steht ihre Außerdienststellung unmittelbar bevor. Verstärkt werden soll die Lokflotte dann um zwei zusätzliche, leistungsfähige Hybridloks. Alle Rangierloks tragen ein rotes Farbkleid und in weißer Aufschrift das Stadtwerkelogo.  

Die Voith MAXIMA 40 CC wartete am 16.08.2023 auf einem Nebengleis am Hafen auf ihren nächsten Einsatz.
Foto: M. Beermann
Ebenfalls Pause hat am selben Tag die Haba 10 (Baureihe V90). Ein Vektron (BR 193) der RailForce ist zu dieser Zeit als “Gast” im Hafen abgestellt. Den Schluss bildet die HABA 7 (Baureihe V60), die ehemalige Post-Lok. Foto: M. Beermann

Im Streckendienst kommt die unternehmenseigene sechsachsige Großdiesellok MAXIMA 40 CC der Firma Voith zum Einsatz, die mit einer Leistung von rund 3,5 MW zu den leistungsstärksten Dieselloks in Deutschland zählt. Zwei Mal täglich befördert die Lok bis zu 2.500 Tonnen schwere Schrottzüge zum Stahlwerk in Georgsmarienhütte, eine dritte Leistung erbringt sie in den Nachtstunden zwischen Dortmund und dem Stahlwerk. Neben diesen Leistungen bietet die EHB ihren Kunden auch darüber hinaus gehende überregionale Transportleistungen an.

Allerdings ist die EHB nicht das einzige Eisenbahnverkehrsunternehmen, dass Gütertransporte im Hafenbereich durchführt. Beispielsweise entfallen von den aktuell 14 beladenen Zügen, die das CTOS pro Woche verlassen, rund die Hälfte auf die EHB, die andere Hälfte auf andere EVU. Auch werden Übergabe von anderen EVU in der 300er Gruppe bereitgestellt, die dann von der Hafenbahn den vorgesehenen Empfängern zugestellt werden bzw. andersherum hier zur Abholung bereitstellt. Insgesamt sind 18 Mitarbeiter der EHB im Rangier- und Streckendienst tätig.[6]

Blick von der Rheinstraße auf die Lokhalle der EHB. Foto: M. Beermann (16.08.2023)

Zur Wartung ihrer Lokomotiven verfügt die EHB über eine Lokwerkstatt mit zwei Gleisen. Drei Werkstattmitarbeiter kümmern sich hier um den Fahrzeugbestand der EHB. Daneben werden auch wagentechnische Untersuchungen der Stufen 1-4 durchgeführt und am Markt angeboten.[7] Darüber hinaus wird Lokhalle auch von der NordWestBahn mit eigenem Personal für die Wartung und Instandhaltung von TALENT-Triebwagen genutzt. Beide Gleise sind lang genug, um einen kompletten dreiteiligen Triebwagen aufzunehmen.[8]

Insgesamt stellt sich der Hafen Osnabrück somit als ein ausgesprochen interessanter und abwechslungsreicher Teil der Osnabrücker Eisenbahn dar.

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Verwendete Quellen:

[1] vgl. https://www.stadtwerke-osnabrueck.de/geschaeftskunden/eisenbahn-hafen/hafen-osnabrueck
Im Jahr 2019 betrug der Gesamtumschlag im Hafen mehr als 1,2 Mio. Tonnen Güter, von denen rund 450.000 Tonnen auf den Wasserumschlag und knapp 800.000 Tonnen auf den Bahnumschlag entfielen. Quelle: Stadtwerke Osnabrück
[2] vgl. https://ct-os.de/ (abgerufen am 26.08.2023)
[3] vgl. Betriebsstellenbuch – Hafen Osnabrück, S. 4 (gültig ab 11.12.2022)
[4] vgl. Betriebsstellenbuch – Hafen Osnabrück, S. 8-11 und 36ff. (gültig ab 11.12.2022)
[5] siehe hierzu ausführlich die Nutzungsbedingungen und Preise der Stadtwerke Osnabrück: https://www.stadtwerke-osnabrueck.de/geschaeftskunden/eisenbahn-hafen/nutzungsbedingungen-preis
[6] Stand 2023
[7] siehe hierzu ausführlich das Dienstleistungsangebot der EHB: https://www.stadtwerke-osnabrueck.de/geschaeftskunden/eisenbahn-hafen/hafenbahn-dienstleistungen
[8] Information EHB – Gespräch vom 16.08.2023

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