Die Straßenbahn

Kaum jemand erahnt es heute noch, dass durch die Straßen Osnabrücks einst Straßenbahnen fuhren.
Bereits Anfang der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts wurde, vor dem Hintergrund der rascher anwachsenden Bevölkerungszahl der Stadt, der Bau einer Pferdebahn beschlossen und im Jahre 1882 ein Vertrag über den Bau von drei Pferdebahnlinien unterzeichnet. Diese sollten die folgende Linienführung aufweisen:

  1. Vom heutigen Rosenplatz zum Hofhaus nahe dem Hasefriedhof
  2. Vom Bremer Bahnhof über den Domhof und Markt zum Blumenhaller Weg
  3. Vom Westbahnhof über die heutige Wittekindsstraße zum Neumarkt
Einer von sieben Triebwagen aus der sog. "Hildesheimer Serie" auf dem Weg zum Heger Friedhof. Insgesamt waren sieben Triebwagen dieser Serie in Osnabrück eingesetzt. Ab 1949 trugen sie die Fahrzeugnummern 1-7.
Einer von sieben Triebwagen aus der sog. “Hildesheimer Serie” auf dem Weg zum Heger Friedhof. Insgesamt waren sieben Triebwagen dieser Serie in Osnabrück eingesetzt. Ab 1949 trugen sie die Fahrzeugnummern 1-7.

Zum Bau dieser Pferdebahn ist es aus wirtschaftlichen Gründen nie gekommen, da die Baufirma durch Zahlung einer Konventionalstrafe in Höhe vom 5000 Mark vom unterzeichneten Vertrag zurücktrat.
Bereits im Jahre 1884 schaltete sich auch das osnabrücker Stahlwerk in die Planungen zur verkehrlichen Erschließung Osnabrücks ein. Von Seiten des Stahlwerkes schlug man der Stadt vor, eine Straßenbahn mit “rauchloser Lokomotive” einzusetzen. Die Linie sollte vom Neumarkt zum Schützenhof an der heutigen Mindener Straße geführt werden, vorbei am Hannoverschen Bahnhof und dann die Staatsbahn an der Buerschen Straße kreuzen. Vor dem Haupteingang des Stahlwerkes sollte diese erste Straßenbahn schließlich enden.
Auch auf städtischer Seite fand dieser Vorschlag eine breite Zustimmung. Die Realisierung des Projektes scheiterte allerdings an den Einwänden der Eisenbahnverwaltung, die Bedenken gegen die höhengleiche Kreuzung von Straßenbahn und Eisenbahn an der Buerschen Straße hatte. Hier zeigten sich die Versäumnisse der städtischen Verkehrsplanung beim Bau der Eisenbahnlinien. Diese hielten die Stadt quasi in einer Zange.
Somit führten weiterhin die Lohnkutscher den öffentlichen Nahverkehr durch, jedoch mit mäßigen Zulauf, da die Kutscher oftmals stundenlang auf Fahrgäste warten mussten.

Acht Jahre später, 1888, wurde der private Pferdeomnibus eingeführt, der das Johannistor mit dem Hofhaus an der heutigen Bramscher Straße verband. Ein viertel Jahr später kam eine zweite Linie hinzu, die vom Rathaus zum Hannoverschen und Bremer Bahnhof führte. Bei beiden Linien stand jedoch der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen, so dass diese bereits kurze Zeit später wieder stillgelegt wurden.
Nachdem langfristig alle Pläne zum Bau einer Pferde- oder Dampfbahn fehlgeschlagen waren, rückten nun Überlegungen zur Errichtung einer elektrischen Straßenbahn in den Vordergrund. Auch hier gab es mehrere Überlegungen, z.B. wurde vorgeschlagen, separate Straßenbahnstrecken jenseits von Hase- und Johannistor zu errichten. Für die Zu- und Abführung der Straßenbahnfahrzeuge war die Eisenabahndirektion bereit einer Kreuzung von Straßenbahn und Staatsbahn zuzustimmen. Allerdings sollten über diese Kreuzungen keine Reisenden befördert werden und es weiterhin den Straßenbahnbetreibern nur gestattet sein, morgens und abends diese höhengleichen Kreuzungen zu nutzen.
Dieser Vorschlag scheiterte an der potentiellen Betreiberfirma AEG, die unter diesen Bedingungen weder eine Straßenbahn in Osnabrück errichten wollte, noch daran dachte eine solche zu betreiben. Die AEG ließ einen 1903 geschlossenen Vertrag platzen. Folglich war es das Bestreben der Stadtführung, Osnabrück aus der eisernen Umklammerung durch die Staatsbahn zu befreien. Mit der königlichen Eisenbahndirektion trat man in Verhandlungen über die Errichtung von Brücken; ferner bot die Stadt hohe Bauzuschüsse an. Freilich wartete die Stadtverwaltung die Fertigstellung der Brücken nicht ab und beschloss im Februar 1905 den Bau einer elektrischen Straßenbahn mit vorläufig zwei Linien.

Das Straßenbahnnetz zu Osnabrück in den 50er Jahren.

– Die Linie 1 fuhr ursprünglich vom Hauptbahnhof durch die Möserstraße bis zum Neumarkt und folgte hier der Großen Straße bis zum Nikolaiort. Durch die Krahnstraße, die Bierstraße verlief diese Linie weiter zum Rißmüllerplatz und von dort zur Endstation an der Lotter Straße. Hier befand sich das Hauptdepot, welches auch heute noch in Betrieb ist und den Stadtwerken Osnabrück als Busdepot dient.

– Die Linie 2 verband zunächst das Hasetor mit dem Johannistor und führte durch die Hasestraße, über den Nikolaiort, von woaus sie mit der Linie 1 parallel durch die Große Straße verlief. Ab dem Neumarkt führte sie weiter durch die Johannisstraße bis zum Johannistor, dem heutigen Rosenplatz.

Zur Unterscheidung wurde die hier genannte Linie 1 durch eine blau Farbscheibe, die Linie 2 durch eine rote, welche jeweils am Dach der Straßenbahnwage angebracht waren, gekennzeichnet.
Am 31. Januar 1906 wurde das 5110 Meter lange Streckennetz der osnabrücker Straßenbahn dem Betrieb übergeben. Zunächst fuhren 16 Motorwagen über die Straßenbahngleise mit einer Spurweite von 1000mm. Die Stromzufuhr erfolgte durch die Oberleitung über einen Stromabnehmer der sich in der Wagenmitte befand. Weiterhin standen ab 1911 sechs motorlose Anhänger zur Verfügung, so dass insgesamt ein 7 1/2 Minuten Takt erreicht wurde. Auf dem überwiegend eingleisige Straßenbahnnetz war durch entsprechende Ausweichen ein 5 Minutentakt möglich.
1910 und 1919 erfolgte eine Verlängerung diese Fahrstrecke vom Johannistor über den Rosenplatz und die Iburger Straße hin zum Schölerberg bzw. ab 1924 über das Hasetor hinaus bis zur Bramscher Straße, nachdem die Überführungsbauwerke für die Staatsbahn fertiggestellt worden waren. 1928 schließlich konnte man bis zur Hastermühle fahren. In Folge des zunehmenden wirtschaftlichen Niederganges, bedingt und verstärkt durch die immer schneller werdende Geldentwertung im Deutschen Reich, sahen sich die Straßenbahnbetreiber gezwungen im August des Jahres 1922 den Straßenbahnbetrieb einzustellen. Erst nachdem sich die Lage im Reich wieder zu bessern begann, nahm man im Februar 1924 den Straßenbahnbetrieb wieder auf. Im Jahre 1927 erfolgte die Verlängerung der (blauen) Linie 1 um 1750 Meter vom Depot zum Heger Friedhof (Schweizerhaus). Dieses Teilstück wurde aufgrund der geringen Frequentierung nur im 30 Minutentakt bedient. Darüber hinaus erfolgte eine jährliche Subventionierung dieses Streckenabschnitts durch die Friedhofsverwaltung in Höhe von 5000 Mark (Verpflichtung durch die Stadt Osnabrück).
Eine dritte Linie wurde etwas später, 1925, in Betrieb genommen. Diese Linie 3 verband zunächst den Arndtplatz mit der Buerschen Straße. Sie führte durch die Wittekindsstraße und ab Ecke Möserstraße zusammen mit der Linie 1 zum Neumarkt wo sie die Linie 2 kreuzte. Bis zum Jahre 1929 erfolgte in drei Bauabschnitten die Erschließung des Stadtteils Schinkel. Von der Buerschen Straße konnte man jetzt zur Rosenburg und weiter durch die Schützenstraße bis zur Bremer Straße gelangen (Die Endstation der Linie 3 “Schinkel” befand sich in der Schützenstraße kurz vor der Bremer Straße). Im Westen wurde die Linie 3 vom Arndtplatz durch die Martinistraße bis hin zum Martiniplatz verlängert, was nunmehr einer Gesamtlänge von 4577 Metern entsprach.
Durch diese erhebliche Ausweitung des Schienennetzes wurde die Beschaffung neuer Fahrzeuge unumgänglich, so dass zwischen 1925 und 1927 insgesamt 18 neue Triebwagen, sowie eine gleiche Anzahl von Beiwagen angeschafft wurden. Insgesamt verfügte die Stadt Osnabrück somit über 34 Trieb- und 24 Beiwagen. Im Jahre 1931 wurde die Linienführung der Linie 1 verändert, um die verkehrlich stark beanspruchte Große Straße zu entlasten. Planungen zufolge sollte die Linie 1 über Hasetor und Herrenteichswall zur Möserstraße geführt werden. Diesen Überlegungen widersetzten sich jedoch die Geschäftsleute der Altstadt, so dass am Ende eine Kompromisslösung umgesetzt wurde. Ab dem Nicolaiort wurde die Straßenbahn jetzt durch die Herrenteichstraße geführt und weiter auf die Möserstraße. (Dieser Zustand ist auch auf unserer Übersichtskarte dargestellt)

Bereits im Jahre 1930 kam es zu einer größeren Umrüstungsaktion. Als man feststellte, dass die gebräuchlichen Metallschleifbügel der Stromabnehmer auf den Straßenbahnwagen den Radioempfang störten, mussten alle Fahrzeuge auf Kohleschleifbügel umgestellt werden. Testversuche mit den neuen Stromabnehmern fanden zunächst auf der Linie 3 statt.
Der 2. Weltkrieg brachte für die Stadt Osnabrück schwerste Zerstörungen, 85% der Altstadt waren durch Bomben beschädigt. Diese führten schließlich auch dazu, dass die Straßenbahn ihren Betrieb komplett einstellen musste.
Erst Mitte Juli 1945 konnte die Straßenbahn wieder einen einigermaßen provisorischen Betrieb aufnehmen, zumindest im unmittelbaren Stadtgebiet, jedoch nicht auf ihrem gesamten Liniennetz. So war der Hauptbahnhof erst wieder im Sommer 1946 zu erreichen, nachdem die großen Bombentrichter auf der Möserstraße zugeschüttet worden waren. Die Linie 3 wurde sogar erst im Mai 1949 wieder auf ihrer gesamten Länge befahrbar.

Seit 1949 trug dieser Triebwagen die Nummer "13". Er gehörte zu den sog. "Oldenburgern", von denen sechs Fahrzeuge in Osnabrück eingesetzt wurden. Die "Oldenburger" erhielten die Wagennummern 8-13. Er war der einzige aus seiner Serie, der noch mit Stopplicht und Schienenbremse ausgestattet wurde. Die Ausmusterung der "Oldenburger" 9-13 erfolgte 1959, die von Triebwagen Nr. 8 dann ein Jahr später 1960.
Seit 1949 trug dieser Triebwagen die Nummer “13”. Er gehörte zu den sog. “Oldenburgern”, von denen sechs Fahrzeuge in Osnabrück eingesetzt wurden. Die “Oldenburger” erhielten die Wagennummern 8-13. Er war der einzige aus seiner Serie, der noch mit Stopplicht und Schienenbremse ausgestattet wurde. Die Ausmusterung der “Oldenburger” 9-13 erfolgte 1959, die von Triebwagen Nr. 8 dann ein Jahr später 1960.

Wegen der schlechten Versorgungslage durfte jeder Haushalt nur eine bestimmte Menge Strom verbrauchen. Gleiches galt auch für die osnabrücker Straßenbahn, die nur zu bestimmten Zeiten verkehrte. In der ersten Zeit nach dem Krieg war ein kompletter Wagen, der zweiteilig verkehrenden Bahnen, nur für alliierte Soldaten vorbehalten. Da diese Wagen aber zumeist leer blieben wurde diese Sonderreservierung alsbald aufgehoben.
Im Jahre 1949 wurden in Osnabrück die erste Oberleitungsbuslinie eröffnet, die vom Rißmüllerplatz (hier bestand Anschluss an die Straßenbahnlinie 1 eingesetzt) durch die Natruper Straße zum Eversburger Platz führte. Die hier eingesetzten Busse wurden aus einer Oberleitung gespeist, fuhren jedoch nicht mehr schienengebunden, was ihnen eine höhere Fahrgeschwindigkeit erlaubte. Ebenfalls wurden die städtischen Randgebiete durch den weiteren Ausbau des Busnetzes enger mit der Innenstadt verflochten.

Obwohl der neuen O-Bustechnik die Zukunft zu gehören schien, wurde 1951/52 die Straßenbahnlinie 1 vom Schweizerhaus bis zum Heger Friedhof verlängert. Das Betriebsnetz der Straßenbahn hatte mit 14403 Metern seine größte Ausdehnung erreicht.
Doch schon bald kamen neue Probleme auf die städtischen Verkehrsplaner zu, denn der immer stärker anwachsende Individualverkehr, die engen Straßen der Innenstadt und die recht langsam und gemütlich dahinfahrende Straßenbahn standen im Widerspruch zum wirtschaftlichen und dynamischen Aufschwung der Stadt.
Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen beschloss der Rat der Stadt Osnabrück 1958 schließlich die Abschaffung der Straßenbahn zu Gunsten des weiteren Ausbaus des O-Busverkehrsnetzes.
Zum Fahrplanwechsel am 29.Mai 1960 fuhr schließlich der letzte Straßenbahnzug durch die Straßen der Stadt. Aber auch die der Straßenbahn folgenden O-Busse bewährten sich nicht, da ihre Stromabnehmer oftmals aus der Oberleitung sprangen und die Busse den Verkehr behinderten. Im Juni 1968, also nur acht Jahre nach dem Ende der Straßenbahn, wurde auch der O-Busbetrieb eingestellt. Sowohl das Streckennetz der Straßenbahn, als auch das Oberleitungsbusnetz sind heute komplett abgebaut. Der gesamte innerstädtische öffentliche Nahverkehr wird durch ein dichtes Busnetz abgedeckt.

Stand 05.09.2009

Quellen

  • Alfred Spühr und Claude Jeamaire – “Die Osnabrücker Straßenbahn”
  • Lothar H. Hülsmann – “125 Jahre Eisenbahn in Osnabrück”
  • Stadt Osnabrück – “Osnabrück 1200 Jahre Fortschritt und Bewahrung”